Einladung zur BCC-Tagung Zeit: Samstag, den 17.Mai 2014, 10 bis 18 Uhr Ort: Saalbau Bockenheim in Frankfurt am Main (am Kurfürstenplatz) Thema: Gekaufte Spiele – Gewinner und Verlierer stehen schon fest Kriminelle und menschenrechtswidrige Ökonomie am Beispiel Brasilien Zitat zum Thema: »Ich habe noch nicht einen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Die laufen alle frei rum. Weder in Ketten gefesselt oder mit Büßerkappe am Kopf.« (Ex-Fußballspieler, ›Kaiser‹, Ex-Präsident des Organisationskomitees der WM 2006 Franz Beckenbauer – mit Blick auf die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in Katar) Nichts gegen Fußball, aber darum geht es die wenigste Zeit, wenn man von der WM 2014 in Brasilien spricht. Denn gewonnen haben andere, lange bevor das erste Spiel angepfiffen wird: der Fifa-Konzern, der Blatterismus, die Firmen, die sich den Gewinn unter sich aufteilen und die gegenwärtige Regierung in Brasilien, die ein Land zwischen glitzernder Wonderworld und ständig tanzendem melting pot präsentieren möchte … in einer Zeit, wo Brasilien tatsächlich eher ein Schlachtfeld ist, auf dem verschiedene politische, geostrategische und soziale Konflikte ausgetragen werden: Brasilien auf dem Weg, in die Liga der Global Player aufzusteigen, Brasilien als die Nr. 1 der BRIC-Staaten, Brasilien als gigantischer Rohstofflieferant (Öl, Mais, Gold etc.), Brasilien als Agrar-Großmacht … Wie überall auf der Welt, wo der WM-Zirkus Halt macht, setzt er auf den Fußball- Nationalismus. FasziNation Fußball soll alles, was es sonst noch gibt, in den Schatten stellen, so auch in Brasilien: Bevor der Ball rollt, hat das Geld längst das Spiel gemacht: Gigantische Infrastrukturmaßnahmen, die ganze Stadtteile dem Erdboden gleichmacht, an denen sich die Bauindustrie eine goldene Nase verdient. Während sich Brasilien darauf vorbereitet, die Gäste aus aller Welt herzlich zu empfangen, wurde unerwünschte Bevölkerung aus dem Weg geräumt: »Allein in den zwölf Ausrichterstädten der WM (einschließlich Rio als Austragungsort der Olympischen Spiele) wurden demnach bereits über 250.000 Menschen aus ihren Häusern geräumt oder sind von Räumung bedroht.« (LN und Rosa-Luxemburg-Stiftung, Lateinamerikanachrichten, Nr. 471/472 – September/Oktober 2013 Die WM verstärkt eine Entwicklung in Brasilien, die vor allem in den Großstädten eine Gesellschaft hervorbringt, die in zwei ›gated communities‹ zerfällt: Die erste ›gated community‹ ist die der Wohlhabenden, die sich hinter hohen Mauern und privaten Sicherheitsdiensten verschanzt. Die zweite ist die ›gated communitiy‹ der favelas, der Armenviertel, die von ersteren eingeschlossen werden. Das ist durchaus wörtlich gemeint: Seit 2000 hat die Stadtregierung von Rio de Janeiro damit begonnen, eine zwölf Kilometer 2 lange und drei Meter hohe Mauer zu bauen, die insgesamt dreizehn Favelas umschließen soll. (Quelle: Der Tagesspiegel vom 18.6.2009) Und natürlich ist jede WM (wie die Olympischen Spiele auch) viel mehr als der globale Wettbewerb von ›nationalen‹, allerdings längst multikulturellen Fußball-Mannschaften. Sie imaginiert eine Weltgemeinschaft, die alle vereint und alle Klassenunterschiede, Bürgerkriege und Kriege verschwinden bzw. vergessen lässt: Fußball, der friedlich und beglückt zusammenbringt, was vor und nach einer WM das Leben für viele bestimmt und prägt: immer größer werdende soziale Unterschiede, eine zunehmende Verpolizeilichung gesellschaftlicher Konflikte, Unterdrückung demokratischer Bestrebungen. Diese wachsende Spaltung der Gesellschaft wird auch in den WM-Stadien geradezu beispielhaft nach- und abgebildet: Für die bevorstehende WM wurde das Stadion in Rio de Janeiro, das Maracanã, umgebaut. Dort finden jetzt 80.000 Menschen Platz: 40.000 Sitzplätze sind als VIP-Bereich ausgewiesen, also für ungefähr ein Prozent der Bevölkerung. Die andere Hälfte dürfen sich 99 Prozent der Bevölkerung teilen. (Quelle: Carlos Vainer, Professor für Urbanistik des Instituts für Stadt- und Regionalplanung Ippur der Bundesuniversität von Rio de Janeiro und Mitglied des lokalen Basiskomitees Rio de Janeiro zur Fußballweltmeisterschaft und den Olympischen Spielen) Proteste auf FIFA-Niveau Im Juni letzten Jahres sind Hundertausende auf die Straße gegangen, um ihren Unmut gegenüber der Regierungspolitik zum Ausdruck zu bringen. Die Proteste wurden aber nicht nur durch die Wut über die korrupte Fußballmafia ausgelöst, sondern vor allem durch den Kampf gegen die Tariferhöhungen im öffentlichen Nahverkehr, der in Brasilien von miserabler Qualität ist und vorwiegend durch die Interessen der großen Busunternehmen bestimmt wird. Auf den Demonstrationen machten unzählige, spontan entstandene Parolen und Slogans die Runde: ›Wenn mein Kind krank ist, bringe ich es in ein Stadion‹, ›Ich kann ohne WM auskommen: Ich will Gesundheit, Arbeit und Bildung‹, ›Politiker, ihr habt jetzt nichts mehr zu lachen‹, ›Pelé und Ronaldo: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold‹. Als Antwort schickte man Polizeieinheiten, die den Protest im Keim ersticken sollten. Das Gegenteil war der Fall. Der Protest hat zwar ein Mega-Event zum Anlass genommen, aber er geht mittlerweile weit darüber hinaus. Aller Voraussicht nach wird im Juni nicht nur Fußball gespielt. Zahlreiche Basiskommitees haben auch ›Demonstrationen auf FIFA-Niveau‹ angekündigt. Sie wollen die Proteste, die im letzten Jahr begonnen wurden, fortsetzen. Die Menschen wollen einen ›Nahverkehr auf Fifa- Niveau‹. Gleiches beanspruchen sie auch für Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten und Arbeitsverhältnisse … – die ›WM‹ wird also nicht nur auf dem Fußballfeld entschieden. Auch in den Städten, auf dem Land und in den Regenwäldern Brasilien. Nicht der Fußball, nicht die Freude am Spiel, die asoziale Dampfwalze des Weltkonzerns Fußballgeschäft steht in der Kritik der BCC-Fachtagung am 17. Mai 2014. Wolf Wetzel (komm. BCC-Geschäftsführer) Zum Programm und detaillierten Informationen (nach unten): 3 Programm: 9.00 – 10.00 Uhr Vor der Tagung findet die (öffentliche) BCC-Jahreshauptversammlung statt 10.00 – 10.30 Uhr Eröffnung und Begrüßung Prof. Dr. Erich Schöndorf (BCC-Vorsitzender) und Grußworte der Mitveranstalter 10.30 – 11.30 Uhr Filmausschnitt zu Brasilien Martin Kessler, Filmemacher und Dokumentarist, stellt die Kurzfassung seines Filmes vor. Diskussion 11.30 – 12.30 Uhr Die WM findet nicht statt Die sozialen Unruhen in vielen brasilianischen Städten und Regionen im Vorfeld der Fußball-WM. Was sind die Ursachen und wie organisiert sich der Widerstand? Referentin: Claudia Fix, Publizistin, Redaktionsmitglied der Lateinamerika Nachrichten, Berlin 12.30 – 13.30 Uhr Mythos Maracanã Die Geschichte des legendären Stadions in Rio de Janeiro ist mehr als ein Fussballmärchen Referent: Thomas Fatheuer, Vorstandsmitglied in KoBra/Kooperation Brasilien e.V. 13.30 – 14.30 Uhr Mittagspause (Kartoffelsuppe – mit und ohne Würstchen) 14.30 – 15.30 Uhr Brasilien als Goldgrube für toxische Investitionen Zerstörung der Urwälder, Vertreibung und Existenzvernichtung der indigenen Stämme (Das Xingu-Projekt und andere Pläne). Referent: Dr. Rainer Putz, ›Rettet den Regenwald‹ (Freiburg) 15.30 – 16.30 Uhr Weltkonzern Fußball Das System Blatter und Fussball als Modernisierungsmythos Referent: Jens Weinreich, Sportjournalist und FIFA-Kritiker 16.30 – 16.45 Uhr Kleine Kaffeepause 16.45 – 18.00 Uhr Podiumsdiskussion: Die Konzerne schießen die Tore und die Politik lässt sie rein. Was tun? TeilnehmerInnen: C. Fix, Th. Fatheuer, Dr. R. Putz, J. Weinreich, Prof. Dr. E. Schöndorf Moderation: Prof. Dr. Hans See UnterstützerInnen: Die Friedens- und Zukunftswerkstatt Frankfurt KoBra – Bundesweite Initiativgruppe Kooperation Brasilien e.V. Stiftung Demokratie und Ökologie e.V. Eine Bitte: Die Konferenz kostet mehr als Gebühren einbringen. BCC ist auf Spenden angewiesen. Sie sind steuerlich absetzbar. Überweisung mit Vermerk „BCC-Tagung“ an: Sparkasse Hanau: IBAN: DE 36 5065 0023 0053 1400 83